Durch die in England fortgeschrittene Industrialisierung gab es einen Wandel in der Formgebung der neu hergestellten Gebrauchsgegenstände. Sie wurden weniger kunstvoll als vielmehr den industriellen Herstellungsbedingungen angepasst und gestaltet. Das hatte eine so genannte „Ästhetische Bewegung“ hervorgerufen, die sich die Aufgabe gestellt hatte, Einfluss auf die Gestaltung von allen möglichen Gütern zu nehmen und auch eine ganzheitliche Philosophie über Ästhetik zu entwickeln.

Dieses Gemälde zeigt Oscar Wilde (rechte Seite, hinter dem kleinen Jungen in grün mit Lilien-Corsage) zusammen mit Gleichgesinnten, der Ästhetischen Bewegung, bei einem Galeriebesuch. Man hatte versucht zu definieren, was ästhetisch ist und was nicht und das für viele Lebensbereiche. Die Einrichtung der Wohnung , die Kleidung und natürlich auch in der Musik. Auch wenn es aus heutiger Sicht etwas merkwürdig klingt, den Geschmack und die Ästhetik festlegen zu wollen, aber diese Bewegung hatte neben vielen skurrilen Entwicklungen auch wirklich fortschrittliche Ansätze, z. B. in der Mode. Es wurde großen Wert auch auf Praktikabilität gelegt und vermittelt. Das Neue war, daß die Kleider so geschnitten waren, daß die Damen ihre Arme nach allen Seiten voll bewegen konnten und somit Malen oder anderen Beschäftigungen nachkommen konnten, die sie vorher einschränkten. Die Ästhetische Kleidung war nicht nur eine Mode, es war auch ein Statement für den Fortschritt und der Emanzipation.

Oscar Wilde war nicht der Erfinder dieser Bewegung, ist ihr aber beigetreten und war über einen langen Zeitraum die Galionsfigur. Er hatte sich damit auch viel Spott zugezogen und man kann auch an den Notenblättern die Satire erkennen.
Seine musikalischen Fähigkeiten waren sehr bescheiden, aber um in die Öffentlichkeit zu kommen und damit auch Geld zu verdienen, schreckte er vor nichts zurück und deshalb bin ich mir sicher, dass er sehr viel Freude an der Ihm gewidmeten und an ihn gerichteten Musik hatte und auch an dieser Erinnerungsseite hätte.  

"I am not young enough to know everything." Oscar Wilde